„Erst die Pandemie, dann Lieferkettenprobleme, jetzt der Ukrainekrieg. Diese Herausforderungen waren und sind ein Kraftakt für unsere Mitarbeitenden und Führungskräfte. Ein Kraftakt, den wir erfolgreich meistern“, sagte Karlheinz Wex, Sprecher des Vorstands der Plansee Group, im Rahmen eines Pressegesprächs in Reutte. Die Unternehmensgruppe habe im 101. Jahr ihres Bestehens rasch auf die anziehende Konjunktur reagiert, Marktpositionen ausgebaut und viel Kraft in die Weiterentwicklung der Organisation gesteckt. Mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr gab sich Wex für das erste Halbjahr optimistisch. Die Plansee Group stehe auf soliden wirtschaftlichen Beinen und die Auftragsbücher seien gut gefüllt. Gleichzeitig wies Wex aber auch auf die Risiken hin: die unabschätzbaren Folgen des Ukraine-Kriegs, die unsichere Gasversorgung, steigende Inflation, zunehmende Handelsbarrieren zwischen Ländern und Regionen und „Hamsterkäufe“ in den Lieferketten. „Das macht uns zu schaffen und wird Folgen für unsere wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Halbjahr haben“, so der Vorstandssprecher.
Nachhaltig aufgestellt für die Zukunft
Mit der Verabschiedung einer Nachhaltigkeitsstrategie hat die Plansee Group einen Technologiewechsel eingeläutet. „Seit 20 Jahren wird bei uns Wasserstoff überwiegend aus Erdgas erzeugt. Wasserstoff wird in mehreren wesentlichen Produktionsschritten als Prozessgas benötigt. Künftig soll Wasserstoff vorwiegend über die Elektrolyse mithilfe von grünem Strom gewonnen werden. Mit dieser und weiteren Maßnahmen wie der Steigerung des Recyclinganteils bei Wolframprodukten sowie der Erhöhung der Material- und Energieeffizienz in der Produktion wollen wir den eigenen CO2-Fußabdruck in der Gruppe in den kommenden drei bis fünf Jahren um bis zu 60 Prozent senken“, so Vorstandsmitglied Wolfgang Köck.
Für eine erfolgreiche Energiewende nimmt Karlheinz Wex auch die Politik in die Pflicht: „Aufgrund der Energiemengen, die auch künftig in der industriellen Produktion benötigt werden, fordern wir die Politik auf, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine sichere, wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung zu schaffen“.
Beim Wissenschaftskongress „Plansee Seminar“ Anfang Juni in Reutte wurden die in der Plansee Group verarbeiteten Werkstoffe Molybdän und Wolfram erstmals in einem Nachhaltigkeitsranking mit anderen Werkstoffen verglichen. Wolfgang Köck: „Die hier vorgestellten Ergebnisse bieten interessante Anknüpfungspunkte, mit denen wir uns noch klarer als bislang im Wettbewerb unterscheiden können“. Details dazu sollen im Herbst veröffentlicht werden.
Stabile Wolframversorgung
Mit der Übernahme der Ceratizit hat die Plansee Group die Wolframpulverfertigung neu geordnet und wettbewerbsfähiger aufgestellt. Sie basiert zunehmend auf Recycling. Um die ehrgeizigen Recyclingziele zu erreichen, hat Ceratizit eine Initiative gestartet, soviel Wolframschrott wie möglich wieder einzusammeln und dem Recycling zuzuführen. Das recycelte Wolfram wird in der Plansee Group für die Herstellung neuer Produkte eingesetzt. Moderne Recyclingtechnologien stellen sicher, dass Produkte aus wiederverwertetem Wolfram über identische Eigenschaften verfügen wie Produkte aus „frischem“ Wolfram.
Standorte
Am größten Produktionsstandort der Gruppe, in Breitenwang/Reutte (Österreich), steht eine neue Produktionshalle der Ceratizit kurz vor der Fertigstellung. Die auf dem Dach installierte Photovoltaikanlage mit einer Maximalleistung von 385 Kilowatt in der ersten Ausbaustufe wird demnächst in Betrieb genommen. Zudem hat Plansee eine neue Sinterei gebaut und die Produktionskapazitäten für Bauteile für die Medizintechnik und die Halbleiterindustrie ausgeweitet. Der Standort hat seine Produktionsleistung im abgelaufenen Geschäftsjahr um 23 Prozent auf 747 Millionen Euro gesteigert. Insgesamt wurden in Breitenwang/Reutte im Geschäftsjahr 2021/22 62 Millionen Euro in Sachanlagen investiert. In der gesamten Gruppe waren es 154 Millionen Euro. Für Innovationen gab die Gruppe 86 Millionen Euro aus.
Die Neupositionierung des Standorts Mamer (Luxemburg) ist abgeschlossen. Hier wurden die Weichen dafür gestellt, das Werk künftig noch stärker auf die Herstellung von verschleißfesten Komponenten aus Hartmetall für die produzierende Industrie und von Wendeschneidplatten für die Werkzeugindustrie zu fokussieren.
Alle Aktivitäten zur Herstellung von Wolframpulver aus Erz oder Schrott am Standort Towanda (USA) wurden in den Unternehmensbereich Ceratizit integriert. Die Energie- und Umweltbilanz des Standorts ist aufgrund des hohen Anteils von recycelten Wolframschrotten in der Produktion besonders gut. Im Vergleich zur Produktion aus Wolframerz sind beim Recycling Energieverbrauch und CO2-Emissionen deutlich niedriger.
In der Plansee Group Functions wurden wesentliche Servicefunktionen der Gruppe wie IT, HR, Controlling und Finanz- und Rechnungswesen gebündelt. Die Servicegesellschaft ist an den Standorten Reutte, Kempten, Mamer und Towanda aktiv. Mit einer Joboffensive wirbt die Plansee Group Functions insbesondere um IT-Fachkräfte. Die Spezialisten werden dringend benötigt, um die weitere Digitalisierung der Unternehmensaktivitäten zu stemmen.
Ausblick
Die Plansee Group geht auch im laufenden Geschäftsjahr von schwierigen Randbedingungen aus. Steigende Strom- und Gaspreise, die steigende Inflation, Logistik- und Versorgungsprobleme auf den Beschaffungsmärkten und fehlende Fachkräfte in mehreren Berufsgruppen gehören zu den Herausforderungen. Positiv entwickeln sich weiterhin die Märkte im Maschinenbau, der Halbleiterindustrie und in der Medizintechnik. „Die gute Nachfrage in diesen Industrien zeigt, dass unsere Produkte und Werkzeuge aus den Werkstoffen Molybdän und Wolfram auch in Zukunft in vielen Hightechanwendungen gefragt sein werden“, so Karlheinz Wex. Mit der weiteren kraftvollen Umsetzung des internen Optimierungsprojekts „better together“ in den kommenden zwei Jahren, gezielten Unternehmensübernahmen und Prozessverbesserungen arbeite man in der Plansee Group weiterhin daran, sich noch leistungsfähiger und wettbewerbsfähiger aufzustellen.